Archive for Juni, 2008

Am Märchenbrunnen

Sonntag, Juni 29th, 2008

15. Juni 1913: Der Märchenbrunnen wird übergeben

Frau Holle
Frau Holle, Ulf Berger nach Georg Wrba

Rübezahl
Rübezahl, Till Peter Otto nach Georg Wrba

Menschenfresser
Menschenfresser, Raphael Strauch nach Georg Wrba

Riesentochter
Riesentochter, Klaus W. Rieck nach Georg Wrba

Im Elsaß auf der Burg Nideck, die an einem hohen Berg bei einem Wasserfall liegt, waren die Ritter vorzeiten große Riesen. Einmal ging das Riesenfräulein herab ins Tal, wollte sehen, wie es da unten wäre, und kam bis fast nach Haslach auf ein vor dem Wald gelegenes Ackerfeld, das gerade von den Bauern bestellt ward. Es blieb vor Verwunderung stehen und schaute den Pflug, die Pferde und Leute an, das ihr alles etwas Neues war. „Ei“, sprach sie und ging herzu, „das nehm ich mir mit. “ Da kniete sie nieder zur Erde, spreitete ihre Schürze aus, strich mit der Hand über das Feld, fing alles zusammen und tat’s hinein. Nun lief sie ganz vergnügt nach Haus, den Felsen hinaufspringend; wo der Berg so jäh ist, daß ein Mensch mühsam klettern muß, da tat sie einen Schritt und war droben.
  Der Ritter saß gerad am Tisch, als sie eintrat. „Ei, mein Kind“, sprach er, „was bringst du da, die Freude schaut dir ja aus den Augen heraus. “ Sie machte geschwind ihre Schürze auf und ließ ihn hineinblicken. „Was hast du so Zappeliges darin?“ – „Ei Vater, gar zu artiges Spielding! So was Schönes hab ich mein Lebtag noch nicht gehabt.“ Darauf nahm sie eins nach dem andern heraus und stellte es auf den Tisch: den Pflug, die Bauern mit ihren Pferden; lief herum, schaute es an, lachte und schlug vor Freude in die Hände, wie sich das kleine Wesen darauf hin und her bewegte. Der Vater aber sprach: „Kind, das ist kein Spielzeug, da hast du was Schönes angestiftet! Geh nur gleich und trag’s wieder hinab ins Tal.“ Das Fräulein weinte, es half aber nichts. „Mir ist der Bauer kein Spielzeug“, sagt der Ritter ernsthaftig, „ich leid’s nicht, daß du mir murrst, kram alles sachte wieder ein und trag’s an den nämlichen Platz, wo du’s genommen hast. Baut der Bauer nicht sein Ackerfeld, so haben wir Riesen auf unserm Felsennest nichts zu leben.“
(Das Riesenspielzeug, Gebrüder Grimm, hier (Goetheportal) entnommen)

Expressionale

Sonntag, Juni 29th, 2008

Meister des Expressionismus in einer Ausstellung am Potsdamer Platz

Orpheus
Orpheus an der Philharmonie, Gerhard Marcks

Maler im Atelier
Im Atelier, Rolf Händler

Andrang am Denkmal beim CSD

Samstag, Juni 28th, 2008

Denkmal

In Sichtweite zu den Blöcken des Holocaust-Mahnmals steht nun also der dunkelgrau durchgefärbte Betonklotz, leicht aus dem Lot geraten, als sei er aus dem Stelenfeld auf der anderen Straßenseite herüber geschwebt. In Augenhöhe ist ein kleines Fenster in den Beton gehöhlt. Man muss direkt herantreten, um das Geschehen hinter dem Glas zu erkennen. Auf die Rückwand des dunklen Innenraums ist ein Film in Endlosschleife projiziert: zwei junge Männer, die sich innig küssen.

Elmgreen & Dragset [eigneten sich] raffiniert die Ästhetik von Peter Eisenmans abstrahierten Grabstelen an, eröffneten eine Einzelkopie, eine Art Filiale der Holocaust-Gedenkstätte und erfüllten diese mit einem eigenen Inhalt. Man könnte das Verfahren als künstlerische Guerilla-Taktik bezeichnen.Die Initiatoren und die Wettbewerbs-Juroren mochten das, weil da auch ein bisschen die Lebensweise der Homosexuellen mitschwingt: Sie sind „normale“ Menschen wie jedermann, nur in mancher Hinsicht eben anders.
(S. Preuss hier)

Kunstsammlungen Chemnitz

Dienstag, Juni 24th, 2008

Kunstsammlungen Chemnitz

Natürlich mussten wir auch den mittlerweile berühmten Kunstsammlungen Chemnitz am Theaterplatz einen Besuch abstatten. Da ist der Saal mit den Bildern von Karl Schmidt-Rottluff, das Wissen von dem Nachlass des großen Carlfriedrich Claus (den mehrere Kilo schweren Katalog der Ausstellung Schrift.Zeichen.Geste von 2005 haben wir nach Hause geschleppt) und die Kindergalerie, in der die kleinen Künstler ihre Eindrücke von der sensationellen Dylan-Austellung wiedergegeben haben. Aktuell ist übrigens eine Daumier-Ausstellung zu sehen.

Kassandra
Kilian Buchmann, 7 Jahre (Interpretation der Dylan-Zeichnung Cassandra)

Museum Gunzenhauser

Montag, Juni 23rd, 2008

Allein der Gabriele-Münter-Raum war die Reise wert.

Museum Gunzenhauser

Das Museum Gunzenhauser ist ein Kunstmuseum der Klassischen Moderne in Chemnitz. Es umfasst die aus 2.459 Werken von 270 Künstlern des 20. Jahrhunderts bestehende legendäre Sammlung des Münchner Kunsthändlers Dr. Alfred Gunzenhauser, der die deutsche Nachkriegs-Kunstgeschichte maßgeblich mitbestimmt hat. Hiervon befinden sich 300 Werke in der Dauerausstellung.

MoMM

Sonntag, Juni 22nd, 2008

Chemnitz hat ein neues (temporäres) Museum mit genau einem Kunstobjekt:
Temporary Museum of Modern Marx, geöffnet vom 17.06. bis 31.08.2008.

Marx

Taste MOMEnts

Freitag, Juni 20th, 2008

Glühmahl

Die durch Europa wandernde Ausstellung der Moholy-Nagy-Universität für Kunst und Design (MOME) setzt sich in ihrer originellen Inszenierung aus Arbeiten progressiver Designer aus Ungarn zusammen. Sie zeigt die Werke der neuen Professionellen in Form eines unkonventionellen Design-Festmahls, und präsentiert so das kreative Potenzial, mit dem sich Ungarn der zeitgenössischen Design-Kultur beiträgt.

Taste MOMEnts ist die zweite Ausstellung der im April 2008 eröffneten Moholy-Nagy Galerie des Collegium Hungaricum Berlin: ein neuer Treffpunkt für zeitgenössische Kunst und Kultur in Berlins historischer Mitte.

Collegium Hungaricum

Im Dezember kam Togay als neuer Direktor des ungarischen Kulturinstituts nach Berlin und bezog den soeben fertiggestellten Neubau Peter Schwegers, einen weißen Kubus im Bauhaus-Stil mit großen Fensterflächen. Vor einigen Wochen folgte Baksa-Soós, die der Direktor mit der Führung der neuen Moholy-Nagy-Galerie betraute. „Es ist eines meiner Hauptziele, die ungarische Gegenwartskunst gebührend zu zeigen. Sie ist in Berlin noch viel zu wenig bekannt“, erklärt Togay. Diesem Zweck widmete er eine ganze Etage, einen eleganten weißen Raum mit spektakulären Blicken in die Stadt. Der Namensgeber, der am Bauhaus lehrte und dessen Ideen nach Amerika trug, steht für Ungarns Beitrag zur internationalen Avantgarde und soll programmatisch für ein grenzüberschreitendes Kunstverständnis stehen.
(hier)

Prost

Freitag, Juni 20th, 2008

Zum Wohl
Galerie Thomas Schulte mit einer Installation von Bernhard Martin

»Ich versuche, Zustände darzustellen«, sagt der Maler. Trunkenheit etwa. Da kommen Stile, Ornamentik, Gegenstände zusammen, die sich nicht vertragen, Figuren, die sich gegenseitig die Show stehlen, und leise flüstert alles: »Prost!«
(über Bernhard Martin in der Zeit)

… und betritt den Tag

Donnerstag, Juni 19th, 2008

Heckmannhöfe

Ossip Mandelstam dichtete im Gehen. Nicht am Schreibtisch, sondern auf Spaziergängen entstanden viele seiner Gedichte.

Wenn O.M. dichtete, hatte er immer das Bedürfnis, sich dabei zu bewegen. Er ging im Zimmer auf und ab …; oft lief er auf den Hof hinaus, in den Garten, auf den Boulevard oder schlenderte durch die Straßen. … Für O.M. gehörten Dichtung und Bewegung, Gedichte und Umherwandern zusammen.

aus: Jochen Thermanns Essay über Ossip Mandelstams Poetik des Gehens im Gespräch über Dante
in: Kopflandschaften – Landschaftsgänge

Eine berauschende Entdeckung

Mittwoch, Juni 18th, 2008

Mircea Cartarescu
Die Wissenden
Paul Zsolnay Verlag Wien 2007

Der Gesamteindruck dieses Buches ist zu groß, zu überwältigend, als dass einer an stilistischen Eigentümlichkeiten ansetzenden Kritik nicht unversehens die Luft ausginge. Bei Cartarescu sprießen in barocker Üppigkeit und Fabulierfreude die Sprachbilder und prunkenden Genitivmetaphern. In regelmäßigen Abständen gibt es essayistische Partien, die man als surrealen Wortschwall oder absurdes Kauderwelsch empfindet.
(hier)

Kleist
Heinrich von Kleist, Karl Pracht 1899 in der Hasenheide, Kreuzberg

In allen Parks der Hauptstadt hatten die Bildhauer, die den Kampf für Frieden und Sozialismus unterstützten, die den Irrwegen der bürgerlichen Kunst, dem Formalismus und Intimismus, abschworen, die Flächen mit Hunderten, ja Tausenden Büsten von Kunst- und Kulturschaffenden aller Zeiten und Völker übersät; sie mochten zwar die Klassenverhältnisse und den Kampf des Proletariats für ein besseres Leben nicht immer richtig verstanden haben, hatten wohl aber eine kritisch-realistische Sicht auf die Gesellschaft gehabt, in der sie lebten und schöpferisch tätig waren. Unzählige Gorkis, Scholochows, Lermontows (um zuallererst die kämpferischen Traditionen des russischen Volkes hervorzuheben, das nun unser großer Bruder im Osten war), Neculutas, Vlahutas, Coisbucs, Eminescus … , Shakespeares, Voltaires, Victor Hugos tauchten auf von Pflanzengrün und flechtenüberwucherten Sockeln gespensterhaft aus dem Schatten der dunklen Alleen, um den prinzipienlosen Paaren, die sich im Mondschein küssten, von der Höhe ihres Genies aus die Leviten zu lesen.