Mehr als einmal ist mir widerfahren, dass ich ausging, weil ich, falls ich zu Hause geblieben wäre, fürchten musste, einem plötzlichen Entschluss nicht widerstehen zu können. Die Straße ist beruhigender, weil man dort weniger an sich selbst denkt, weil sich dort alles abschwächt und mindert, nicht zuletzt die Bedrängnis.
(E. M. Cioran)
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Spuren
Samstag, Oktober 17th, 2015Sardische Augenblicke (VII)
Dienstag, Juli 7th, 2015Wer mit Pfeilen eine Wolke erlegen will, wird vergeblich seine Pfeile verschießen. Viele Bildhauer sind solch wunderliche Schützen.
Einer Wolke muss man auf einer Trommel etwas vorgeigen oder auf einer Geige etwas vortrommeln. Dann wird es nicht lange dauern, bis sich die Wolke niederlässt, sich vor Glück am Boden wälzt und schließlich entgegenkommend versteinert. Der Bildhauer hat so im Handumdrehen die schönste Plastik fertig.
(Hans Arp: Werkstattfabeln, 1955)
Römische Geschichten (VIII)
Donnerstag, Juli 2nd, 2015Wolfgang Lange
Auf den Spuren Goethes, unfreiwillig:
Rolf Dieter Brinkmann in Italien
Man müßte es wie Göthe machen, der Idiot: alles und jedes gut finden/was der für eine permanente Selbststeigerung gemacht hat, ist unglaublich, sobald man das italienische Tagebuch liest: jeden kleinen Katzenschiß bewundert der und bringt sich damit ins Gerede.
(Brinkmann)
Balkon Nr. 46
Donnerstag, März 19th, 2015Plötzlicher Halt
Donnerstag, Oktober 16th, 2014Geheimnisvoll schleichen dem Spaziergänger allerlei Einfälle und Ideen nach, derart, daß er mitten im fleißigen, achtsamen Gehen stillstehen und horchen muss, weil er, über und über von seltsamen Eindrücken, Geister-Gewalt benommen, plötzlich das bezaubernde Gefühl hat, als sinke er in die Erde hinab, indem sich vor den geblendeten, verirrten Denker- und Dichteraugen ein Abgrund öffne.
(Robert Walser in: Der Spaziergang)
Spaziergang
Mittwoch, September 10th, 2014Heute wurde ich bei wood s lot auf diesen wundervollen Artikel hingewiesen: Peripateticism in Robert Walser. Da muss ich daheim gleich erst mal wieder in meinen Walsern schmökern.
Auf weitschweifigem Spaziergang fallen mir tausend brauchbare Gedanken ein, während ich zu Hause eingeschlossen jämmerlich verdorren, vertrocknen würde. Spazieren ist für mich nicht nur gesund, sondern auch dienlich, und nicht nur schön, sondern auch nützlich. Ein Spaziergang fördert mich beruflich, macht mir aber zugleich auch persönlich Spaß; er tröstet, freut, erquickt mich, ist mir ein Genuß, hat aber zugleich die Eigenschaft, daß er mich spornt und zu fernerem Schaffen reizt, indem er mir zahlreiche mehr oder minder bedeutende Gegenständlichkeiten darbietet, die ich später zu Hause eifrig bearbeiten kann. Jeder Spaziergang ist voll von sehenswerten, fühlenswerten Erscheinungen.
(Robert Walser in Der Spaziergang)
In den Nachmittag geflüstert
Montag, September 8th, 2014Sonne, herbstlich dünn und zag,
Und das Obst fällt von den Bäumen.
Stille wohnt in blauen Räumen
Einen langen Nachmittag.
Sterbeklänge von Metall;
Und ein weißes Tier bricht nieder.
Brauner Mädchen rauhe Lieder
Sind verweht im Blätterfall.Stirne Gottes Farben träumt,
Spürt des Wahnsinns sanfte Flügel.
Schatten drehen sich um Hügel
Von Verwesung schwarz umsäumt.Dämmerung voll Ruh und Werin;
Traurige Gitarren rinnen.
Und zur milden Lampe drinnen
Kehrst Du wie im Traume ein.(Georg Trakl)
Spreewald
Sonntag, August 24th, 2014„Raten Sie mir doch, Herr Professor, “ fragte der Fürst, „welche Motion ist die beste?“ – „Gehen, Durchlaucht, als die rechte Mitte zwischen Reiten und zwischen Fahren“, antwortete Katzenberger. „Aber ich gehe täglich, und es hilft mir wenig“, versetzte der dickleibige Regent. „Wahrscheinlich darum,“ sagte der Doktor, „weil Höchstderoselben vielleicht nur mit den Füßen gehen; was zum Teil seine Nachteile hat -“ (der Fürst sah ihn fragend an) „denn auch mit den Händen muß zu selber Zeit gegangen und sich bewegt werden, da wir Säugetiere in Rücksicht des Körpers ja Vierfüßer sind, wie Moscati sehr gut, nur mit Übertreibungen, bewiesen.“
„Dann“, fuhr der Doktor fort, „kann man noch mehr tun. Da eigentlich das Säuern oder Entkohlen des Blutes das Ziel alles Lustwandelns ist: so halt‘ ich auf Spaziergängen meinen Mund außerordentlich weit aufgesperrt, um so die Luft stromweise in meine Lungen einzuschütten zum Oxydieren.“
(aus: Jean Paul – Dr. Katzenbergers Badereise)
Wir waren eine Woche im Spreewald unterwegs, kaum Kunstspaziergänge, aber viel Motion über Wiesen und Felder. Die Arme wurden beim Paddeln gebraucht.
Eindrucksvoll
Donnerstag, Juni 12th, 2014„Er hat=natürlich, (wie jeder echte Künstler, Zeit seines Lebens), bei jeglichem Anlaß, etwa das 5=fache eines Normalen gesehen; und sich auch 3=mal so viel davon gemerkt (& sei beides noch so ubw erfolgt).“ / (W, leicht ironisch): „Demnach dürfte kein ~echter Künstler~ unter anderem, eigentlich keine längeren Reisen vertragen : wär’er doch, schon nach ein paar Tagen, dann so voll mit Bilder=Eindrükkn -“
(Arno Schmidt)
Ich versuche trotzdem ein, zwei Reisen, und wenn die Eindrücke nicht zu viel werden, geht es hier erst in drei Wochen weiter.
Beinchen in der Luft
Dienstag, Februar 25th, 2014Haben Sie jemals eine Großstadt im Schlaf überrascht, wenn sie entspannt auf dem Rücken liegt, kaum Autos in den Adern, kaum Lichter in den Augen, und nur, wenn man den Atem anhält, hört man ihr schweres Herz in den dunklen Gebäuden pochen.
(Christopher Ecker in Fahlmann)
Die Dächer von Paris, auf dem Rücken liegend, ihre kleinen Beinchen in der Luft.
(Raymond Queneau)