Käthe Kollwitz

Kohl weiht Kollwitz-Büste ein.

KK2

Im Jahr 1922 setzte sie [Käthe Kollwitz] den Totenschädel-Mond in das Dunkel über gebeugten Kindern, die sich im Einklang mit den Millionen in Ketten gelegten Freiwilligen unseres Jahrhunderts in Krämpfen wanden; der Titel ist Hunger, und ich habe gelesen, dass dieses Bild, in einer schlechten Reproduktion aus einer antiquarischen Monografie, jahrzehntelang auf der Lauer lag wie eine Tretmine, mit dem einzigen Zweck, Schostakowitschs Tochter Galina zu erschrecken; eines Tages, als sie … die Bücherstände an der Newa durchstöberte, ging die Mine hoch: Galina … öffnete zufällig den Band …
Die Kraft des Bildes war so groß, dass sie einen Alptraum hatte, und am Morgen entdeckte ihr berühmter Vater, gerade selbst von Ängsten geplagt, einen seltsamen Jammer in ihrem Gesicht, der ihn traf wie ein Schlag in den Magen; dieser Eindruck ging später, angemessen in den Akkord D-D-Sch übersetzt, sowohl in seine 15. Sinfonie als auch in das gottlose Opus 110 ein.
(aus: William T. Vollmann – Europe Central)

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