Eine berauschende Entdeckung

Mircea Cartarescu
Die Wissenden
Paul Zsolnay Verlag Wien 2007

Der Gesamteindruck dieses Buches ist zu groß, zu überwältigend, als dass einer an stilistischen Eigentümlichkeiten ansetzenden Kritik nicht unversehens die Luft ausginge. Bei Cartarescu sprießen in barocker Üppigkeit und Fabulierfreude die Sprachbilder und prunkenden Genitivmetaphern. In regelmäßigen Abständen gibt es essayistische Partien, die man als surrealen Wortschwall oder absurdes Kauderwelsch empfindet.
(hier)

Kleist
Heinrich von Kleist, Karl Pracht 1899 in der Hasenheide, Kreuzberg

In allen Parks der Hauptstadt hatten die Bildhauer, die den Kampf für Frieden und Sozialismus unterstützten, die den Irrwegen der bürgerlichen Kunst, dem Formalismus und Intimismus, abschworen, die Flächen mit Hunderten, ja Tausenden Büsten von Kunst- und Kulturschaffenden aller Zeiten und Völker übersät; sie mochten zwar die Klassenverhältnisse und den Kampf des Proletariats für ein besseres Leben nicht immer richtig verstanden haben, hatten wohl aber eine kritisch-realistische Sicht auf die Gesellschaft gehabt, in der sie lebten und schöpferisch tätig waren. Unzählige Gorkis, Scholochows, Lermontows (um zuallererst die kämpferischen Traditionen des russischen Volkes hervorzuheben, das nun unser großer Bruder im Osten war), Neculutas, Vlahutas, Coisbucs, Eminescus … , Shakespeares, Voltaires, Victor Hugos tauchten auf von Pflanzengrün und flechtenüberwucherten Sockeln gespensterhaft aus dem Schatten der dunklen Alleen, um den prinzipienlosen Paaren, die sich im Mondschein küssten, von der Höhe ihres Genies aus die Leviten zu lesen.

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