Picturing America
Photorealism in the 1970s
Ein ungeschriebenes Gesetz im Kunsthochschulalltag besagt, dass sich die Studenten gegen ihre Lehrer auflehnen müssen. Denn erst in der Revolte gegen akademische Traditionen kristallisierten sich die Wege der Moderne heraus. So waren die französische Freiluftmalerei und der Realismus nur denkbar durch den Widerstand gegen den etablierten Salonklassizismus eines Ingres. Doch nicht jede Auflehnung gegen die herrschende Meinung führt automatisch in die Avantgarde.
Das Deutsche Guggenheim in Berlin präsentiert nun mit der opulenten Ausstellung „Picturing America“ eine Gruppe von Nischenkünstlern, die eigentlich alles richtig gemacht haben – und scheinbar doch alles falsch. Denn Realismus stand, einhundert Jahre nachdem er Avantgarde geworden war, nicht mehr besonders hoch im Kurs. Mit ihren fotorealistischen Gemälden leisteten sich Künstler wie Don Eddy, Richard Estes, Audrey Flack, Chuck Close, Robert Bechtle oder Tom Blackwell in cooler Gelassenheit einen veritablen Affront gegen das Art Establishment der späten 60er- und 70er-Jahre: Sie kopierten, malten Fotos ab, betrieben ungeniert Mimesis – und darauf stand die Strafe missachtet, verunglimpft oder wenigstens totgeschwiegen zu werden.
(mehr hier von M. Woeller in der taz)