Ich beschloss, von der spanischen Insel, auf der ich wohne, zunächst nach Lissabon zu fliegen, um «Die Versuchungen des heiligen Antonius» zu sehen.
Jeder kennt diese Situation, zumal bei grossen Ausstellungen, das höfliche Sich-Nähern, das Sich-von-der-Seite-Heranpirschen, das geduldige Warten darauf, dass die anderen endlich weggehen, doch hier war es extrem. Ich spähte zwischen den beiden Köpfen hindurch auf den lesenden Priester mit der Tonsur und dem Schweinekopf, auf das tanzende Haupt mit Turban, aber ohne Rumpf, auf das Spukwesen mit dem verlängerten Schnabelmund in Form einer Trompete und auf die Schnee-Eule auf dem Mann mit dem Menschenkopf und dem Schweinemaul, der eine Art Laute unter den rechten Arm geklemmt hält, auf das fast stehende Wasser, das unter dem Bogen einer sorgfältig gemalten Brücke verschwindet, wodurch man weiss, dass sich die gesamte Szene oberhalb des Wassers abspielt, auf alle diese Wunderwesen und den Heiligen im Mittelpunkt, der uns ansieht, seine linke Hand jedoch mit einer anscheinend leeren Schale in die Richtung von Christus ausstreckt, der in der Ferne neben seiner eigenen Kreuzigung steht, und fragte mich zum soundsovielten Mal, wer Hieronymus Bosch nun eigentlich gewesen war.
(cess Neoteboom in der NZZ)