Einsteinturm in Potsdam

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… und so waren die Streifzüge … vor allem eine Übung in der Kunst des Beobachtens, und Beobachten, erkannte Ferguson, war der erste Schritt, sich darin zu üben, am Leben zu sein.
(Paul Auster, 4321)

Es soll wieder ein strahlender Sonnentag werden, ein Schritt Richtung Frühling. Als ich noch arbeiten gegangen bin, war mir das Werktagswetter ziemlich egal. Jetzt ist es schon so, dass man jeden Tag Spaziergangssonne bei angenehmen Temperaturen will. Gutes Wetter regt den Unternehmungsgeist an. Heute fahren wir nach Potsdam. Am Einsteinturm waren wir noch nie.

Erich Mendelsohn, Newcomer auf der Berliner Szene, hatte bereits als Soldat in den Unterständen der Ostfront Einfälle skizziert, mit denen er die Entwurfsidee des späteren Bauwerks vorwegnahm. Benannt war es nach seinem berühmtesten Benutzer Albert Einstein, dessen Relativitätstheorie hier anhand astrophysikalischer Beobachtungen überprüft werden sollte. Mit dem Turm übersetzte Mendelsohn die Vorgaben der Wissenschaftler – der Turmschaft für den Coelostaten, der breite Fuß für das Labor zur Spektralanalyse – in ein dräuendes zoomorphes Gebilde. Es symbolisierte eher den titanischen Forscherdrang als die Rationalität moderner Naturwissen- schaften.

Konstruktiv wurde der Turm mit seinen verwundenen Flächen zu einer … Herausforderung. Mendelsohn bewältigte sie mit einem Kompromiß, einer Mischkonstruktion aus Ziegelstein, Beton und einer Putzhaut, die alles Flickwerk gnädig verhüllte. Mit diesem Amalgam der Techniken wurde das Bauwerk allerdings auch zu einem ständigen Pflegefall der Denkmalerhaltung.
(Wolfgang Pehnt, Deutsche Architektur seit 1900, DVA München, 2005)

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