Munch in der Villa Esche

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In Chemnitz hatte Henry van de Velde eine Villa für den Strumpffabrikanten Herbert Esche und seine Frau Hanni gebaut, die sich fortan auch in künstlerischen Fragen Rat bei ihm holten. Als die Esches 1905 ein Bild ihrer Kinder Hans Herbert und Erdmute wünschen, empfiehlt Van de Velde Munch als Porträtisten. Am 30. Juni sieht sich das Ehepaar in Lübeck die Sammlung Linde an, zwölf Tage später lädt Hanni Esche den Norweger nach Chemnitz ein.

Leider ist der Künstler wie so oft in schlechter gesundheitlicher Verfassung, der Brief erreicht ihn im dänischen Sanatorium Klampenborg. Gut ein Vierteljahr vergeht, dann, Anfang Oktober, kommt ein Telegramm »Bin morgen Chemnitz«, und Munch steht am nächsten Tag bei Esches vor der Tür. Aber ohne jede Malutensilien! Täglich werden die Kinder herausgeputzt, doch der Künstler ist zum Malen nicht aufgelegt. Nach dem Frühstück, zu dem auch eine Flasche Cognac gehört, geht Munch ins Cafe, und wenn er zurückkommt, läuft er schweigend durchs Haus oder plaudert über Politik. Das geht gut drei Wochen so. » Ich male mit meine Gehirn«, sagt Munch.

Dann, plötzlich, verlangt er nach Leinwand, Pinsel und Farbe und streicht innerhalb weniger Tage nicht ein Porträt, sondern sieben herunter: zwei des Hausherrn, zwei der Ehefrau und drei der Kinder; auch eine Kaltnadel-Radierung der Tochter entsteht.

(Stefan Pucks im Katalog der Ausstellung „MUNCH und Deutschland“, Nationalgalerie Berlin, 1995)

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Henry van de Velde und Edvard Munch

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