Jannis Kounellis in der Neuen Nationalgalerie
Im gläsernen Tempel der Neuen Nationalgalerie hat Jannis Kounellis in die obere Halle aus großen, geschweißten Stahlelementen ein von Kohle bekröntes Labyrinth gebaut, in das er verschiedene seiner Arbeiten eingebettet hat. Das Labyrinth bezieht sich auf das legendäre Labyrinth des Königs Minos auf Kreta.
Das berühmteste Labyrinth … war jenes, das Dädalus für König Minos errichtet hat. Es diente als Gefängnis. Dieser Irrgarten … war dazu bestimmt als Verlies für den Minotaurus zu dienen, ein Geschöpf, das aus dem unerlaubten Beischlaf der Königin mit einem Stier hervorgegangen war.
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Selbst auf die Gefahr hin, eine Allerweltsweisheit zu verkünden: aus der Paarung einer Frau mit einem Stier kann keinesfalls ein Kind entstehen. Die Anerkenntnis dieser einfachen wissenschaftlichen Tatsache bringt mich auf einen ziemlich interessanten Verdacht: König Minos errichtete das Labyrinth nicht als Gefängnis für ein Ungeheuer, sondern als Versteck für ein missgebildetes Kind – sein Kind.
Während der Minotaurus … oft als ein Wesen dargestellt wird, dessen Hinterleib dem eines Stieres gleicht; der Vorderleib jedoch dem eines Menschen, hat er in der Sage lediglich den Kopf eines Stiers, aber einen menschlichen Körper;
ist dort also mit anderen Worten als Mensch mit entstelltem Gesicht beschrieben. Vermutlich war es sein Stolz, der Minos zu akzeptieren hinderte, dass der Erbe seines Thrones eine derart abscheuliche Erscheinung war. Deshalb setzte er das Gesetz der Erbfolge außer Kraft, indem er seine Gemahlin Pasiphae öffentlich der Unzucht mit einem männlichen Rind bezichtigte.
Diese Vermutung ist aus DAS HAUS von Mark Z. Danielewski. Dort ist dieser Text durchgestrichen. Warum? Das ist eine andere Geschichte.
Tags: Mythologie, Zitat
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