Das habe ich auf der Hinreise und am Abend im Hotel notiert:
Heute geht es nun wirklich los. Der Spaß fängt schon in der Regionalbahn an.
Eine Zugbegleiterin beschwert sich am Handy bei einem Kollegen, dass ein neues Programm aufgespielt worden wäre. Jetzt würden nur noch die Zugverbindungen angezeigt und nicht mehr die Begrüßungs-und Verabschiedungstexte. Die müsse man jetzt aus dem Kopp hersagen.
In der Ecke sitzt ein pummeliger Teenager. Das Telefon meldet sich mit einem hammermäßigen Heavy-Metal-Sound der frühen 70er Jahre. Wer hätte das gedacht? Ich ordnete diesen Musikstil bisher alten dickbäuchigen bärtigen Männern zu. Das wäre doch einmal ein Untersuchungsgegenstand: Typklassifikation anhand von Klingeltönen. Es sind ja nicht alles solche Weicheier wie ich, die ihre Wesensart im Vibrationsalarm verstecken. Gleich sind wir in Wolfsburg.
Karasek hat ein Witzbuch, also ein Buch über Witze, geschrieben, so lese ich in einem Tweet. Ein Beispielwitz geht so: Ein älterer Herr beklagt sich beim Arzt, dass er nach sexuellen Aktivitäten immer ein Pfeifen im Ohr vernehme. „Ja, erwarten sie in ihrem Alter etwa Standing Ovations?“, meint der Doktor. Als Beispiel für blasphemische Witze gibt Karasek den Nagelwitz über den Gesichtsausdruck von Jesus und Casanova wieder. Den kennen wir gut als Titel von Kippenbergers gekreuzigtem Frosch. Kippenberger war auf der Documenta IX und X vertreten. Jetzt sind wir in Braunschweig.
Vor etwas mehr als einer Woche bin ich hier ausgestiegen. Das war dienstlich. Der Zug war genauso voll wie heute. Kassel-Wilhelmshöhe müssen wir raus. Das Hotel ist in Bahnhofsnähe. Besser kann es nicht klappen: Zug fährt minimal verspätet in Kassel-Wilhelmshöhe ein, wir raus aus dem Abteil und rein ins Hotelzimmer. Wir bekommen ein schönes Erkerzimmer mit weitem Blick. Guter Service: Die Getränke in der Minibar sind kostenfrei (und es sind auch welche drin, sogar ein Bier) und es gibt eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr für uns beide bis zur Abreise. Wir laufen natürlich ins Zentrum von Kassel.
Unterwegs suchen wir etwas Passendes zum Mittagessen, aber wie immer: alles ist aus mindestens einem Grund nicht richtig geeignet, um uns glücklich zu machen. Bis wir Lohmanns Kneipe sehen. Das passt! Das dOCUMENTA-Begleitbuch ist gekauft. Heute abend machen wir uns schlau und morgen geht es los. Gabi hat ihre kalligrafischen Fähigkeiten in einer Galerie mit chinesischer Kunst ausprobieren dürfen und bei Tino Sehgal waren wir auch schon.
Ich muss jetzt aufhören. Das dOCUMENTA-Begleitbuch wartet darauf gefragt zu werden, wo es morgen hingeht.
Tags: Documenta