Das Universum Klee in der Neuen Nationalgalerie
Als komplette Parallelwelt ist das Universum Klee auch durch die schiere Vielzahl der Werke eine bildnerische Enzyklopädie von geradezu titanischem Ausmaß zu allen Schönheiten und Schrecken unserer Welt, zu ihren Ängsten, Hoffnungen und Sehnsüchten, zu Leben und Sterben, zu all den ersten und letzten Dingen. Ein Universum, wie es mit solcher Welthaftigkeit wie Spiritualität in der deutschen Kunst vergleichbar noch bei Albrecht Dürer und Joseph Beuys und in der Literatur bei Johann Wolfgang von Goethe vorkommt. Ein Universum, das Klee selbstbewusst mit der göttlichen Schöpfung vergleicht und das diese Ausstellung erstmals wie ein orbis pictus in fünfzehn Kapiteln von der Geburt bis zum Tod nachzeichnet.
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Klees Serie Potsdamer Platz
Die zehn Federzeichnungen dieser Serie aus dem Jahr 1919 schuf Klee als Illustrationen der Erzählung
Potsdamer Platz oder die Nachte des neuen Messias. Ekstatische Visionen von Curt Corrinth,
die 1920 beim Conrad Müller Verlag in München erschien. „Die Dichtung ist nicht gerade besonders, aber ganz dankbar“, schrieb Klee Im Januar 1920 an Alfred Kubin. Diese distanzierte Einschätzung gab Klee eine innere Freiheit hinsichtlich der visuellen Interpretation des Textes, die teilweise ins Parodistische umkippte. Betitelt mit Zitaten aus Corrinths Schrift ergänzen die Zeichnungen die rauschhaft erotisierte Prosa mit grotesken Fantasien eines Berlins der chaotischen und ereignisreichen Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, wobei das Spiel mit kosmischen und apokalyptischen Motiven eine besondere Rolle spielte. Raum und Zeit überlagern sich ebenso wie Bild und Erzählung: So wie Corrinth räumliche Metaphern in seinen Text einbaute, nutzte Klee narrative Elemente in seinen Zeichnungen. Im pathetischen Bombast von Eros und Ekstase tritt die Großstadt Berlin als sich unkontrolliert vermehrendes und lasterhaftes Metropolenmoloch auf.
(JM/CT im Katalog der Ausstellung)
Tags: Neue Nationalgalerie, Paul Klee