Posts Tagged ‘Jürgen Berlin’

Schreiben

Sonntag, Juli 24th, 2011

Kalligraphie

Schreiben

Schreiben ist einfach ideal
Und bringt ganz hübsch Gewinn.
Ist unverdächtig, keinesfalls banal,
Verdeckt, daß Selbstbespiegelung der Sinn.

Schreibe von Demut, von Narzissen,
Von Tugend und von Sünden-Babel,
Von Liebeslust und anderen Genüssen,
Das Ziel ist eh der eigene Nabel.

Auch Rechthaben und Besserwissen,
Belehren zu allen Stunden.
Und nichts davon verantworten müssen,
Klugscheißern und Bevormunden.

Worte können verletzen, vernichten
Oder trösten, ein ums andere mal.
Wer wollte denn darauf verzichten,
Schreiben ist einfach ideal.

(Jürgen Berlin)

Orte des Lächelns

Mittwoch, Mai 4th, 2011

Berlin Checkpoint

Orte des Lächelns

Manchmal fühle ich mich bedrückt, gescheitert.
Das Leben geht, und ich hechle
Ihm hinterher. Gibt’s nichts, was mich erheitert,
Kein Ort, an dem ich lächle?
Ich meine nicht den Buddha in mir,
Vielleicht schaue ich davon mal eine Spur.
Sondern irdischer, im Jetzt und Hier,
In diesem Leben, in unserer Kultur,
Mehr in der einfachen Realität.
Wenn Arbeit nicht läuft und Beziehung mißlingt,
Was fange ich an, wofür ist es zu spät?
Ob mir mein Mühen noch etwas bringt?
Gebrochen sein oder fürs Leben entscheiden?
Zwar kann ich mir dafür nichts kaufen,
Aber Orte des inneren Lächelns bleiben
Doch Bücher, Musik und Saufen.

(Jürgen Berlin)

Erektiv

Zeit vertreiben

Dienstag, März 29th, 2011

kopfüber

Zeit vertreiben

Was soll ich machen?
Kopfstehn und lachen.
Was soll ich tun?
Kopfstehn und ruhn.

Ich muß noch mal raus,
Kann hier nicht bleiben,
Muß aus dem Haus,
Zeit zu vertreiben.

Mond, du bleicher,
Wind, du kalter,
Blasser Landstreicher,
Nebliger Alter.

Fluß, du trüber,
Einsame Wölfe
Schleichen vorüber.
Die Glocke schlägt zwölfe.

Geisterstund, Schatten,
Kälte dringt ein.
Schritte ermatten,
Kehr wieder heim.

Hülle mich ein
In Wolle vom Schaf.
Stille kehrt ein,
Finde nun Schlaf.

(Jürgen Berlin)

Schlaf

Enttäuschung

Samstag, März 5th, 2011

Dont mind me

Glaube, Hoffnung, Täuschung

Da kehre ich mein Innerstes nach Außen,
Liefere mich aus, gebe mich preis.
Hab was zu sagen, sag auch, was ich weiß.
Glaube an Resonanz. Doch das sind Flausen.

Geb meine Texte hin und hoffe auf Interesse.
Sind doch Menschen, die mir nahestehen,
Mit denen ich schon viel besprochen und besehen.
Bitte um Rückmeldung. Und fall auf die Fresse.

So gehen die Wochen hin, neigt sich das Jahr.
Hast Du’s denn überhaupt gelesen?
Teilweise, in letzter Zeit war viel gewesen.
Bist Du enttäuscht? Das ist wohl wahr.

(Jürgen Berlin)

Katzen

Letzte Dinge

Freitag, Februar 11th, 2011

X-Rated
William N. Copley
Andreas Slominski

Bei den Bildern Copleys (1919-1996) handelt es sich, wie der Titel nahelegt, um „nicht jugendfreie“ Szenen, die erstmals 1974 im New York Cultural Center ausgestellt und nun – über 30 Jahre später – erstmals in Europa gezeigt werden.
„Die Gemälde aus „X-RATED“ sind mit lockerer Hand (…) wiedergegebene Bilder von Paaren und Dreiergruppen, deren verschlungene Körper und spannungsgelöste Gliedmaßen zu kühnen Arrangements aus verzahnten, nahezu abstrakten Formen ineinander verschränkt sind. Die träge Körperlichkeit der Dargestellten, ihr Buddha-ähnliches Lächeln und beharrliche Individualität sind unumwunden erotisch. Die Farben – pulsierendes Pastell, üppige Fehlfarben, Grün-, Braun- und Gelbtöne – sind sensationell.“ (Anne Doran in „The French Connection“, CPLY, X-RATED, Paul Kasmin Gallery, 2010)

Copley

Letzte Dinge

Sitz nächtens grübelnd und versteh
Mitnichten viel von letzten Dingen.
Sterne funkeln, flügeln ihr Weh,
Den Vers zum Blühen zu bringen.

Hör in den Weltraum und seh,
Ein Echo kam und hallte:
So steh schon auf und geh,
Beschwanze endlich ihre Spalte.

(Jürgen Berlin)

Auch der Konzeptkünstler Andreas Slominski schätzt Copley, und wer seine merkwürdigen Fallenobjekte, die witzigen skulpturalen Interventionen und die Spielereien mit einfachsten Mitteln kennt, der sieht die Wahlverwandtschaft. Seit einigen Jahren macht Slominski Objekte, die Copleys „X-rated“-Bildern auf den ersten Blick nahekommen, auch wenn der Künstler jede Verbindung von sich weist. Aus Styroporplatten schnitzt er billige, übertriebene, zudem schnell wie Latrinen-Graffiti hingeworfene Sexszenen. Monsterbrüste, Riesenpenisse, die wütende Frau mit dem Nudelholz, wenn ihr zu Pin-ups Mann onaniert – alle Superproll-Klischees werden erfüllt.
(mehr hier)

Eva Strittmatter

Dienstag, Januar 4th, 2011

Die Lyrikerin und Kinderbuchautorin Eva Strittmatter ist tot. Sie starb nach Angaben ihres Verlags in einem Altersheim bei Berlin. Strittmatter, die mit ihren Werken in der DDR eine Millionenauflage erzielte, wurde 80 Jahre alt.
(hier)

Fütterung des Pegasos

Als Perseus der schlangenhaarigen Medusa den Kopf abschlug, gebar Zeus aus ihrem Torso den Krieger Chrysaor und seinen Bruder Pegasos. Sofort nach seiner Geburt flog Pegasus zum Helikon. Aus Dankbarkeit für der Musen Gastfreundschaft schlug Pegasos mit dem Huf an den Berg. Es entstand eine immer währende Quelle. Seitdem gilt Pegasos als Symbol der Musen, des Dichtens und der schöpferischen Kräfte.

Hommage an Eva S.

Zu schauen hinter meine Fassaden,
Immer öfter die Ahnung, ich bin auf dem Grund,
Bin bis hierher gekommen, all die Maskeraden,
Aufgebraucht ist nun mein Pfund.
„Und diese Sucht, sich fallenzulassen,
Und zu bekennen, ich bin ohne Kraft.“
Bis hierher kann ich es noch fassen,
Weiter hab ich es nicht geschafft.
„Ich habe verloren. Ich bin verloren.
Verzeiht mir, verzeiht mir, ich kann nicht mehr.“
Was fange ich an, werd ich nochmal geboren,
Schaffe ich das, ist es zu schwer?
Soll es wirklich einen Zauber geben,
Der mich hält, mir hilft, zu leben?

(Jürgen Berlin,
nach einem Gedicht von Eva Strittmatter)

Lektion zum Jahresende

Donnerstag, Dezember 30th, 2010

Mundharmonika
Seefried-Matejkowa, Admiral mit Doppelgänger (Detail), 1985

Lektion

Weißt Du noch, wie Deine Freundin
Über mich sagte: Wenn ich lächle,
Dann geht doch die Sonne auf.
Es kam jedoch anders. Ich hechle
Dem Leben hinterher, nur ein Jahr drauf.
Schlaflos, gedrückt für weitere Jahre,
Ohne Kraft, die Mundwinkel tief.
Ob’s wohl so bleibt bis an die Bahre,
Sind’s gar die Geister, die ich rief?
Was anderen passiert, geschieht auch mir,
Ich wähnte mich davor gefeit.
Bittere Lehre trifft mich hier,
Wann werde ich endlich gescheit?
Ich konnte es kaum noch glauben,
Manchmal ist wieder Glanz in meinen Augen.

(Jürgen Berlin)

Jaaa

The piano has been drinking
Seefried-Matejkowa, Tanz auf dem Vulkan, 1988

Nach dem Familienleben

Montag, November 29th, 2010

Familie
Skulpturengruppe auf dem Dach des Magazins der Staatsoper (Französische Straße)

Nach dem Familienleben

Ich hatte keinen Plan
Für die Zeit nach dem Familienleben.
Meinte: Das Wesentliche ist getan,
Was sollte es denn noch geben?
Ich wollte die Kinder noch immer begleiten,
Wähnte mich auf Bergen und am Meer.
Daß sie längst schneller und sicherer schreiten,
Merkte ich erst hinterher.

So rutschte ich weg, in dunkle Gefilde.
Es war doch eh alles beliebig.
Sich aus dem Sumpf ziehn, in diesem Bilde
Am eigenen Schopf, schien unergiebig.
Leben begründen, indem man was schreibt?
Jemandem kleine Freuden bereiten?
Was kommt, was geht, was bleibt?
Geburt und Tod und Wechsel der Jahreszeiten.

(Jürgen Berlin)

Gewühl

Jeffreys Verse

Montag, November 8th, 2010

Eifersucht
Franziska Schwarzbach

Jeffreys Verse

Was für ein Glück, daß du mich hast,
Du bist wirklich zu beneiden,
Nennst mich Affenarsch und Spast,
Und lebst mit mir in Saus und Freuden.

Sagst manchmal, daß ich dich mal könne,
Ich hielt jetzt besser meinen Schabel,
Soll sehen, daß ich Land gewönne,
Und knallst den Hörer auf die Gabel.

Bist arrogant und anspruchsvoll
Und eigensinnig. Alles, wie ein Mann,
Brillant und wunderschön und toll,
sich eine Frau nur wünschen kann.

Und wenn du schreist und wenn du tobst,
Ich bleib geduldig, stets bei mir.
Doch wenn du meine Verse nicht lobst,
Dann trenne ich mich von dir.

(Jürgen Berlin)

Konzert

Donnerstag, Oktober 28th, 2010

Doppelflöte

Wende

Nun ist der Herbst schon fast zu Ende
Und ohne Wiederkehr versunken.
Ein Teil geschaffen und getrunken,
Ein Teil geliebt, ein Teil war Wende.

Und die noch kaum mein eigen war,
Die Welt der Lieder und Gedichte
Ward langsam, leicht mir wunderbar,
wird mir vielleicht gar zu Geschichte.

(Jürgen Berlin,
nach einem Gedicht von H. Hesse)

Ein Lied

Konzert