Ciprian Muresan im Neuen Berliner Kunstverein
Um die Vergangenheit in der Diktatur, die neuen Desillusionen in der schwer machbaren Demokratie und die Verwerfungen in seiner Kunst aufscheinen zu lassen, konfrontiert der junge Muresan unbekümmert Elemente der visuellen Popkultur mit nationalen Klischees. Und er greift auf berühmte Werke der modernen Kunstgeschichte zurück. So liegt im NBK-Saal eine obskure hyperrealistische Skulptur. Mit ihr zitiert der junge Rumäne den berühmten italienischen Bildhauer Maurozio Cattelan: dessen von der katholischen Kirche Ende der Neunzigerjahre verdammte Wachsfigur des wie von Gottes Hand durch einen Meteoriten zu Boden gestreckten Papst Johannes Paul II. Die gotteslästerliche Wirkung ist auch bei Muresan die gleiche – es ist Kritik an der Kirche, deren Oberhaupt nicht fortschrittlich entscheiden konnte. Nur ist bei Muresan der heilige, zwischen Menschlichkeit und Dogmen eingezwängte Mann ein anderer. Es ist der verstorbene Patriarch Teoctist der Rumänisch-Orthodoxen Kirche. Der alte Mann trägt Ornat, aber statt der weißen Mitra eine weiße Popenmütze. Und seine Schuhe sind ärmlich, alt, abgelatscht. Er war das Oberhaupt einer zwischen den Systemen verbrauchten, armen, altmodischen Kirche, die den Menschen nur wenig helfen konnte, es in der globalisierten Welt erst recht nicht kann.
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