Robert Kusmirowski bezieht sich in seinen Arbeiten oft auf die wahren Spuren der Vergangenheit. So diente ihm ein historisches Foto aus den frühen 30er Jahren, auf dem die Innenräume des Lufthansa Büros in der Lindenstr. 35 zu sehen sind, als Inspiration und Vorlage für den Nachbau in den heutigen Räumen. Für die Zeit der Ausstellung werden also die Galerieräume von Zak-Branicka verschwinden; am Ort des gewohnten Ausstellungsraumes wird die Zeit um über achtzig Jahre zurück gestellt. Sogar ein Schild auf der Tür weist auf das alte Büro hin und Wahrheit und Fiktion, Gegenwart und Vergangenheit beginnen zu verschmelzen. Es ist schwer zu erkennen, ob das Streckennetz oder die Fotos im Raum „echt“ sind, und wer eine Reise in die Vergangenheit machen möchte, kann ein Ticket mit seinem eigenen Namen erwerben. Hier ist nun alles möglich.
Kusmirowski lässt in seiner künstlerischen Praxis Fakten und Fiktion verschwimmen, indem er die Ortsgeschichte der Galerie als Ausgangspunkt für seine spielerische Forschung verwendet. Er sammelt, formt und konstruiert diese fein gearbeiteten Momentaufnahmen, um uns daran zu erinnern, dass die Vergangenheit dazu tendiert, sich selbst zu wiederholen. Er untersucht die Vorstellungen von Geschichte und ihrer Repräsentation, sowie jene der Erinnerung; zeigt jedoch auch auf eine unheimliche Art und Welse seine Selbstidentifikation mit einer gedachten kollektiven Vergangenheit.
Kusmirowski verwendet die Vergangenheit als Rohmaterial und erfindet sie gleichzeitig neu, denn er verwendet Fake-Fotografien, Fälschungen und unwahrscheinliche Materialien, die unsere individuelle und kollektive Erinnerung hinterfragen. Somit verwandelt er die Gegenwart in seine persönliche, imaginäre Zeitkapsel. Kusmirowski nimmt in diesen gedachten Installationen die Rolle des Protagonisten ein und ist gleichsam Darsteller, Regisseur und Publikum, wie auf den Fotos, auf denen sich Kusmirowski als Pilot der Deutschen Lufthansa AG darstellt/fotografiert.
(Text vom Faltblatt in der Galerie)