Einige Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses haben Ende vergangenen Jahres das Wunder fertiggebracht, um Ipousteguy einen Streit zu entfachen, der sich zum mittleren Skandal auswuchs. Sie wollten die Entscheidung einer vom Bausenator eingesetzten Jury, die einen Kunst-am-Bau-Auftrag für das fast vollendete Internationale Congress-Centrum mehrheitlich Ipousteguy zugesprochen hatte, nicht akzeptieren. Der Künstler war verstimmt und die Presse empört (zu Recht), der Bausenator mußte einen Ausflug ins Pariser Atelier machen, spürte nun die „Ausstrahlung und Faszination“ von Ipousteguys Arbeit, und nun wird also „Ecbatana“ doch das ICC zieren.
Es handelt sich dabei um die monumentalisierte Fassung einer Skulptur, die bereits vor vierzehn Jahren entstanden ist. Diese Skulptur ist jetzt im originalen Zimmerformat zu sehen in der großen Ausstellung, die Dieter Ruckhaberle in der Berliner Kunsthalle eingerichtet hat. Mit rund 250 Plastiken, Objekten, Bildern, Zeichnungen und Druckgraphiken ist sie umfassender, als alle vorangegangenen es waren. Und nun stehen also auch die Berliner, die so ohne weiteres wohl kaum zu einer Ipousteguy-Ausstellung gekommen wären, um „Ecbatana“ herum und betrachten, was ihnen fast entgangen wäre.
„Tant de bruit pour une Omelette“ könnte man sagen, aber „Ecbatana“ und Ipousteguy-Skulpturen überhaupt sind nicht schwerelos wie ein Eierkuchen, sondern nach Material und Idee schwergewichtige Monumente. Ecbatana war eine persische Stadt, die von Alexander dem Großen erobert wurde, aber nicht im Krieg, sondern in einem Akt wechselseitiger Anverwandlung, in dem der Eroberer erobert wurde. Ipousteguys langgestreckte, zweiteilige Bronzeskulptur zeigt Alexander vor Ecbatana. Eine männliche Figur, auf einem Bein kniend, weist mit einer zugleich beschwörenden und zugreifenden Geste auf ein aus unregelmäßig geformten Platten getürmtes und geschichtetes Gebilde. Der Kopf des Mannes ist zerlegt in Schichten diagonaler Schalen, geistige Energie wird hier sichtbar gemacht durch Fixierung der Phasen ihrer Vibration. „Ecbatana“ ist eine ansehnliche Skulptur, gemacht von einem Künstler mit nicht irritierten Gestaltungskraft. „Ich wollte“, schreibt Ipousteguy dazu, „daß das Dynamische des Menschen sich dem Statuarischen der Gebäude entgegensetzt“. Ipousteguy hat auch viele schwere Wörter zur Hand.
(mehr hier in der ZEIT von 1979)
Hans Stein in der Galerie Bastion Kronprinz
Hans Stein hat Ecbatane genau aus diesem Blickwinkel gemalt. Seit Sommer 2005 befindet sich die Großskulptur irgendwo in einer Lagerhalle. Das Foto ist vom 16. März 2003.
Das Gipsmodell von „Der Mensch baut seine Stadt“ habe ich 2007 in Pietrasanta entdeckt.
Um seine [Jean Ipousteguy]auf frühere Arbeiten zurückgehende „Mensch-vor-Ecbatane“-Figur populärer zu gestalten, fügte er einen Bären mit märkischen Tannenzapfen und die Berliner Figur des „Eckensteher Nante“ hinzu, die übrigens seine eigenen Gesichtszüge trägt.
(Endlich/Wurlitzer – Skulpturen und Denkmäler in Berlin)