Die Kleistherme gehört zu den um 1899 im Viktoriapark aufgestellten Skulpturen, die Dichter der Befreiungskriege darstellen. Karl Pracht (*1866 – ?) schuf die Porträtbüste des preußischen Dichters Heinrich von Kleist (1777–1811), der ein Manuskriptblatt in der linken Hand hält und die rechte Hand mit dem Gänsekiel sinnierend am Kinn hält. Der Körper scheint aus dem Sockel herauszuwachsen, auf dem Lorbeerzweige, Mohnblumen und eine sich darum windende Schlange dargestellt sind – der Mohn als Sinnbild für den frühen Tod des Dichters. 1989 wurde das Original aus Marmor im Hof der Leibniz-Oberschule aufgestellt, im Viktoriapark befindet sich ein weißgestrichener Aluminium-Abguss.
(Quelle)
Man kann nur hoffen, dass in der Leibnitz-Oberschule respektvoller mit dem empfindsamen Genie umgegangen wird. Der alugegossene Kleist im Viktoriapark muss allerhand Mißachtung ertragen (z.B. 2002, 2008)
Im vergangenen Jahr erschienen zwei Biografien über den preußischen Unglücksraben Kleist. Hier eine ausfühliche Rezension von Hermann Kurzke:
Die Pathologisierung unseres gesamten Lebens nimmt zu. Immer schmaler wird, zwischen den Abgründen des Krankseins zur Linken und zur Rechten, der Grat für die sogenannte Normalität, und die Frage stellt sich immer drängender, ob nicht auch die werte Normalität eine spezifische Form von Verrücktheit ist – eben jene Abartigkeit, die sich den Zwängen der Gesellschaft unterwirft, anstatt sich ihnen durch Krankheit zu entziehen.
Jemanden wie Heinrich von Kleist würde man heute in die Psychiatrie stecken. Schon als Kind sei er, so ist es überliefert, ein nicht zu dämpfender Feuergeist gewesen – man hätte ihm heute das Zappelphilippsyndrom zugeschrieben, und Pillen gegen ADHS hätte er bekommen, um den krassen Wechsel zwischen Hyperaktivität und Depressivität ins Flussbett der Gewöhnlichkeit hineinzudämmen. Aber könnten wir dann dieses grandiose dichterische Werk bewundern?