All along the Wall there were grass-covered minefields, so there were a lot of free-running rabbits, too light to set off a mine, no other beasts to prey upon them. At mating time, the hormone-crazy rabbits would smell a partner on the other side, and they would go crazy, producing pining-rabbit sound, trying desperately to find a hole in the Wall. The rabbits would drive the guards out of their minds, but they could not shoot them because they had to save their bullets for the humans trying to defect. Everybody in Berlin knew that the rabbit-mating season was the worst time to escape across the Wall, because the rabbits made the guards very trigger-happy.
Outrageous though it may have been, I always found the story funny and poignant – the unnaturalness of the Cold War, the love that knew no boundaries, the Wall brought down by horny rodents.
(Aleksandar Hemon in The Lazarus Project)
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Wall Rabbits
Freitag, Juli 31st, 2009Madonna
Mittwoch, Juni 24th, 2009So prüde spanische Frauen sind, werden sie Mutter, dann fällt jegliche Scheu. Brüste sind ein Prunkstück, das man herumzeigt wie ein Bauer eine doppelt prall geratene Runkelrübe. Daß Mütter ihre Kinder oft drei und vier Jahre stillen, ist in Spanien keine Seltenheit. Das führt dann zu ergötzlichen Szenen, wenn der Durstige selber die Quelle auspackt und sich seinen Schoppen holt.
(Albert Vigoleis Thelen – Die Insel des zweiten Gesichts)
April
Mittwoch, April 1st, 2009April ist der übelste Monat von allen, treibt
Flieder aus der toten Erde, mischt
Erinnerungen mit Lust, schreckt
Spröde Wurzeln auf mit Frühlingsregen.
April is the cruellest month, breeding
Lilacs out of the dead land, mixing
Memory and desire, stirring
Dull roots with spring rain.
T.S. Eliot
The Waste Land. Das öde Land
Neuübersetzung Norbert Hummel
Jedenfalls ist es ein Glück, dass „Das öde Land“ mit dieser zweisprachigen Ausgabe nun endlich wieder einmal in unseren Gesichtskreis gerückt wird. Denn Eliots Gedicht ist noch immer frisch und auf der Höhe der Zeit. Und es ist, nebenbei gesagt, um einiges radikaler, als vieles, was heute geschrieben oder gesampelt wird.
(mehr hier)
Warum bist du der Fliege Feind, o Kellner?
Mittwoch, Dezember 3rd, 2008Spaziergang
Joseph Roth, Berliner Börsen-Courier, 24.05.1921 (Auszug)
Was ich sehe, ist der lächerlich unscheinbare Zug im Antlitz der Straße und des Tages. Ein Pferd, das mit gesenktem Kopf in den gefüllten Hafersack sieht, vor eine Droschke gespannt ist und nicht weiß, daß Pferde ursprünglich ohne Droschken zur Welt gekommen sind; ein Kind am Straßenrande, das mit Murmeln spielt und dem zweckmäßigen Wirrwarr der Erwachsenen zusieht und, vom Trieb zur Nutzlosigkeit erfüllt, nicht ahnt, daß es die Vollkommenheit der Schöpfung bereits darstellt, sondern sich im Gegenteil nach Erwachsensein sehnt; einen Schutzmann, der sich einbildet, absoluter Ruhepunkt im Wirrsal des Geschehens zu sein und die Säule irgendeiner ordnenden Macht. Feind der Straße und hierhergestellt, um sie zu bewachen und den schuldigen Tribut an Ordnungssinn von ihr einzukassieren. Ein Mädchen sehe ich im Rahmen eines offenen Fensters, Bestandteil der Mauer und voll Sehnsucht nach Befreiung aus der Umklammerung der Wand, die ihre Welt ist. Einen Mann, der, tief in die Schatten eines winkelreichen Platzes gedrückt, Papierschnitzel sammelt und Zigarettenstummel. Eine Litfaßsäule an der Spitze der Straße, Motto dieser Straße, mit einem kleinen Wind-Gesinnungsfähnchen an der Spitze. Einen dicken Herrn mit Zigarre und im hellen Sakko, der aussieht wie der verkörperte Fettfleck eines Sommertags. Eine Cafeterrasse mit bunten Damen bepflanzt, die warten, bis sie gepflückt werden. Kellner in weißen Gewändern, Portiers in blauen, Zeitungsverkäufer, ein Hotel, einen Liftboy, einen Neger.
Was ich sehe, ist der alte Mann mit der dünnen Fisteltrompete aus Blech am Kurfürstendamm. Ein Bett dessen Tragik auf ihren Besitzer deshalb so aufmerksam macht, weil sie unhörbar ist. Manchmal ist die Fisteltrompete, die kleine Trompete aus weißem Blech, stärker, wirkungsvoller als der ganze Kurfürstendamm. Und die Handbewegung eines Kellners auf der Cafeterrasse, der eine Fliege totschlagen will, ist inhaltsreicher als die Schicksale aller Cafeterrassengäste. Es gelang der Fliege zu entkommen, und der Kellner ist enttäuscht. Warum bist du der Fliege feind, o Kellner? Ein Invalide, der eine Nagelfeile gefunden hat. Jemand, eine Dame, hat die Nagelfeile verloren, an der Stelle, wo der Invalide sitzt. Nun beginnt der Bettler, seine Nägel zu feilen. Mit diesem Zufall, der ihm eine Nagelfeile in die Hand gespielt hat, und durch diese geringfügige Handlung des Nagelfeilens hat er symbolisch tausend soziale Stufen übersprungen. Ein Hund, der einem fliegenden Kinderball nachhetzt und vor dem leblos liegenden Gegenstand haltmacht und nicht begreifen kann, wie so ein dummes hirnloses Gummiding lebendig und witzig hüpfen kann, ist ein Held eines Augenblicksdramas. Nur die Kleinigkeiten des Lebens sind wichtig.
Was kümmert mich, den Spaziergänger, der die Diagonale eines späten Frühlingstages durchmarschiert, die große Tragödie der Weltgeschichte, die in den Leitartikeln der Blätter niedergelegt ist? Und nicht einmal das Schicksal eines Menschen, der ein Held sein könnte einer Tragödie, der sein Weib verloren hat oder eine Erbschaft angetreten oder seine Frau betrügt oder überhaupt mit irgend etwas Pathetischem in Zusammenhang steht. Jedes Pathos ist im Angesicht der mikroskopischen Ereignisse verfehlt, zwecklos verpufft. Das Diminutiv der Teile ist eindrucksvoller als die Monumentalität des Ganzen. Ich habe keinen Sinn mehr für die weite, allumfassende Armbewegung des Weltbühnenhelden. Ich bin ein Spaziergänger.
(aus: Joseph Roth in Berlin Ein Lesebuch für Spaziergänger, Hrsg. Michael Bienert)
Erinnerung
Donnerstag, September 25th, 2008Nur zu einer Hälfte schlägt die Erinnerung
in den Kammern des Gedächtnisses Wurzeln:
zur anderen wohnt sie in den steinernen
Straßen in denen wir lebten.
Lional Abrahams
gefunden in:
Ivan Vladislavic
Johannesburg. Insel aus Zufall
A1 Verlag, 2008
Frühling in Berlin
Sonntag, April 6th, 2008Er hält darfor / daß der Frühling
so rächt die Zeit zum Libben ist
(Arno Holz
Lyrisches Porträt aus dem 17. Jahrhundert)
…
Filorindgen /
lihbstes Kindgen /
dein wie Goldt gewundner Zopff
bringt mich deto ümb den Kopff.
Ich schau dich / waß ich kan /
mit steiffen Augen an:
du bist so süß / so klein /
du Turttel-Täubelein!
Alles ist an dir geründet /
wordrauff sich mein Vergnügen gründet;
worhin man dir auch blikkt /
man ist durchauß erqwikkt.
…
Anselmus und Serpentina
Donnerstag, März 13th, 2008
E.T.A. Hoffmann von Carin Kreuzberg, Gendarmenmarkt
Da fing es an zu flüstern und zu lispeln, und es war, als ertönten die Blüten wie aufgehangene Kristallglöckchen. Anselmus horchte und horchte. Da wurde, er wußte selbst nicht wie, das Gelispel und Geflüster und Geklingel zu leisen halbverwehten Worten:
»Zwischendurch – zwischenein – zwischen Zweigen, zwischen schwellenden Blüten, schwingen, schlängeln, schlingen wir uns – Schwesterlein – Schwesterlein, schwinge dich im Schimmer – schnell, schnell herauf – herab – Abendsonne schießt Strahlen, zischelt der Abendwind – raschelt der Tau – Blüten singen – rühren wir Zünglein, singen wir mit Blüten und Zweigen – Sterne bald glänzen – müssen herab zwischendurch, zwischenein schlängeln, schlingen, schwingen wir uns Schwesterlein.« –
So ging es fort in Sinne verwirrender Rede. Der Student Anselmus dachte: »Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.« – Aber in dem Augenblick ertönte es über seinem Haupte wie ein Dreiklang heller Kristallglocken; er schaute hinauf und erblickte drei in grünem Gold erglänzende Schlänglein, die sich um die Zweige gewickelt hatten und die Köpfchen der Abendsonne entgegenstreckten.
(aus: E.T.A. Hoffmann Der goldene Topf)
Mobil telefonieren
Donnerstag, Februar 28th, 2008Ich verstand nicht, wie irgend jemand glauben konnte, er lebe ein menschenwürdiges Leben, wenn er die Hälfte seiner Wachzeit damit verbrachte, herumzulaufen und in ein Telefon zu sprechen.
Was mochte es gewesen sein, dass [die Leute] lieber pausenlos in ein Telefon sprachen, als unüberwacht und für den Augenblick allein durch die Straßen zu gehen, die Umgebung mit ihren animalischen Sinnen wahrzunehmen und die zahllosen Gedanken zu denken, zu denen das Treiben in einer Stadt anregt.
(Philip Roth Exit Ghost Carl Hanser Verlag, 2007)
Walking Tours
Montag, Februar 18th, 2008In the course of a day’s walk, you see, there is much variance in the mood. From the exhilaration of the start, to the happy phlegm of the arrival, the change is certainly great. As the day goes on, the traveller moves from the one extreme towards the other. He becomes more and more incorporated with the material landscape, and the open-air drunkenness grows upon him with great strides, until he posts along the road, and sees everything about him, as in a cheerful dream. The first is certainly brighter, but the second stage is the more peaceful. A man does not make so many articles towards the end, nor does he laugh aloud; but the purely animal pleasures, the sense of physical wellbeing, the delight of every inhalation, of every time the muscles tighten down the thigh, console him for the absence of the others, and bring him to his destination still content.
(from: Walking Tours by Robert Louis Stevenson)
Spatzierlust
Montag, Februar 11th, 2008Spatzierlust ist das sicherste und erfreulichste Belusten
und fast allen anderen vorzuziehen, weil
es das Mittel hält
und nicht zu viel
noch zu wenige Bewegung mit sich bringet. …
Die Bewegung erwärmet den Leib
erwecket die zarten Geisterlein
vertreibet die groben aufsteigenden Dämpfe und entbindet den Verstand von aller Sorgenlast …
Georg Philipp Harsdörffer über die Spatzierlust in seinen Frauenzimmer Gesprächsspielen
zitiert nach dem Essay Geh aus, mein Herz
(Kursorisches über den Spaziergang und seine poetische Praxis)
von Kurt Wölfel (hier)












