Archive for November, 2016

Linear Momentum

Sonntag, November 6th, 2016

Eine für Kunstspaziergänger anregende Ausstellung findet gegenwärtig (seit gestern bis zum 22.01.17) in der Galerie im Körnerpark statt.

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Für sein laufendes Projekt The Drawing of Our Lives hat plan b (Daniel Belasco Rogers und Sophia New) seit 2003 bzw. 2007 jeden Gang aus dem Haus mit einem GPS-Gerät aufgezeichnet. Die digitalen Daten interpretiert das Duo in analogen Materialien, im Fall von All Our Traces in Berlin 2011 mithilfe von Lasergravur. So werden eine ausgewählte Zeitspanne und ein oder mehrere Orte in eine Zeichnung übersetzt und es entsteht eine sehr individuelle
Kartografie.

In meinem Flickr-Album Spaziergänge kann man einige meiner Spaziergänge nachvollziehen, z. B. den Spaziergang vom 28. Juli 2016 in Potsdam.

Spaziergang 038 am 28. Juli 2016

Drawing Machine II ist eine von Belasco Rogers gebaute analoge Zeichenmaschine, die er an seinen Körper binden kann und die alle Bewegungen auf Papier festhält. Während in den GPS-basierten Zeichnungen insbesondere die notwenigen Routen des Alltags in den Vordergrund treten, so zeichnet der Künstler hier ein neo-situationistisches Dérive, ein zielloses Umherschweifen auf, das zu einem völlig abstrakten Ergebnis führt.

Drawing Machine II

Drawing Machine II

Mitgehört

Samstag, November 5th, 2016

9 Lives
Gabi betrachtet „9 Lives“ von April Gertler in der Galerie im Körnerpark

Bisweilen, wenn ich durch die Straßen gehe, vernehme ich Bruchstücke intimer Gespräche, und fast alle betreffen die andere Frau, den anderen Mann, den jungen Mann einer dritten oder die Geliebte eines vierten … Beim bloßen Anhören dieser Schatten menschlicher Rede, worin sich erschöpft, womit sich die Mehrheit bewußter Menschen beschäftigt, überkommt mich Abscheu und Langeweile, eine Angst vor dem Exil unter Spinnen und das Bewußtsein, unter wirklichen Menschen erdrückt zu werden; ich fühle mich dazu verurteilt, dem Vermieter und den übrigen Mietern des Häuserblocks gegenüber ein gleichgestellter Nachbar zu sein, der angeekelt durch das hintere Gitter des Lagerraums den fremden Müll betrachtet, der sich bei Regen in dem Hinterhof stapelt, der mein Leben ist.
(Pessoa, Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares, 312)

Space Refugee

Freitag, November 4th, 2016

Space Refugee

Halil Altindere entwickelte für den Neuen Berliner Kunstverein das Space Refugee-Projekt, das angesichts der Abwehr von MigrantInnen in Europa mit ironischer Distanz den Weltraum als Zufluchtsort für Geflüchtete vorschlägt. Einer der zentralen Bestandteile der Ausstellung ist ein Film über den ehemaligen syrischen Kosmonauten Muhammed Ahmed Faris, der 1987 mit dem sowjetischen Raumschiff Sojus TM-3 für einen siebentägigen Aufenthalt zur Raumstation Mir flog. Heute lebt der ehemalige Held der Sowjetunion und Anhänger der demokratischen Oppositionsbewegung gegen Assad als Geflüchteter in Istanbul.
(mehr hier)

Space Refugee

Aus dem Tagebuch des Kunstspaziergängers (4.11.16)

In der S-Bahn: Der junge Mann ist stark erkältet. Als er den Schnodderfluss nicht mehr durch lautstarkes Hochziehen bewältigen kann, öffnet er seine Sporttasche und holt eine ganze Rolle Klopapier heraus. Vier Abschnitte ergeben ein solides Taschentuch.

In der Vorlesung bei Prof. N sind 16 Leute. Mein Wortschatz wird heute um das Wort „Konkatenation“ für die Verknüpfung von Numeralen erweitert. Also, man kann zwei Numerale konkatenieren. Das Ergebnis, das sogenannte Konkatinat, ist wieder ein Numeral und darf nicht mit einem Konkubinat verwechselt werden.

Wer kennt Muhammed Ahmed Faris? Das ist der syrische Kosmonaut, der 1987 mit dem sowjetischen Raumschiff Sojus TM-3 für sieben Tage zur Raumstation Mir flog. Heute lebt der Held der Sowjetunion als Flüchtling in Istanbul. Halil Altindere stellt im Neuen Berliner Kunstverein sein Space-Refugee-Project vor. Ein wichtiger Teil der Ausstellung ist ein Film über Ahmed Faris.

Fabian Marcaccio

Mittwoch, November 2nd, 2016

Marcaccio 3DEP3 5

Marcaccio 3DEP3 1

Fabian Marcaccio mit 3DEP3 in der Galerie Thomas Schulte

Die Neue Nationalgalerie wird restauriert

Dienstag, November 1st, 2016

Am Kulturforum in Berlin auf der Brache vor der Matthäikirche soll das Museum der Moderne gebaut werden. In der Nähe liegen die Philharmonie und die Neue Nationalgalerie.

NNG
Blick vom Turm der Matthäi-Kirche auf die Bauarbeiten an der Neuen Nationalgalerie

Eigentlich müsste am majestätisch auskragenden Dach der Neuen Nationalgalerie von Ludwig Mies van der Rohe irgendwo ein Logo hängen. Nein, nicht der Adlerkopf der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die in dem modernistischen Gebäude unweit des Potsdamer Platzes in Berlin seit fast fünfzig Jahren ein Museum für moderne Kunst betreibt. Sondern ein goldumrandet rotes Medaillon, auf dem eine Fledermaus prangt, das Firmensignet der kubanischen Schnapsbrennerei Bacardi, für deren Hauptquartier Mies den heute berühmten Flachbau im Jahr 1957 ursprünglich entworfen hatte. Aber dann kam ihm Fidel Castro dazwischen und der Entwurf in die Schublade, bis Berlin zugriff und die Unternehmenszentrale zum Ausstellungsraum umdeutete.
(mehr zum Museum der Moderne hier in der WELT).