Posts Tagged ‘Spaziergang durch die Wohnung’

Immer am Bücherregal entlang (7)

Freitag, April 17th, 2020

In Tucholskys Pyrenäenbuch lese ich zum Cirque de Gavarnie:

Ein Wagen nach dem andern befördert die Menschenpakete an den Cirque de Gavarnie. Die Straße lärmt und rattert den ganzen Tag, die Restaurants sind überfüllt, es gibt dumme Andenken zu kaufen, und das Ganze erinnert ein bißchen an die Sächsische Schweiz. Die Leute auch: geschwätziges, naturkneipendes Kleinbürgertum.
In Gavarnie hört die Straße auf, da macht der Weg eine Biegung, und nun liegt der Stolz der Pyrenäen vor seinem Publikum. Die Felswände stehen im gigantischen Halbkreis, oben liegt etwas Schnee, und das Ganze ist schön anzusehen. Aber nicht mehr – und warum so ein Geschrei daraus gemacht wird, weiß ich nicht. Wenn man näher tritt – das dauert eine Stunde, wie täuschen doch die Entfernungen im Gebirge und auf der See! —, dann wird der Zirkus nicht etwa großartiger: man hat da zwar einen hohen Wasserfall, aber weil die Vergleichsmaßstäbe fehlen, überwältigt er nicht. Brav und mit vorgeschriebner Begeisterung wandeln die Lourdes-Sachsen die klassische Strecke.
Ein Gutes aber hat Gavarnie doch gehabt. Ein französischer Zeichner schöpfte sich hier sein Pseudonym: Gavarni, Daumiers Zeitgenosse, Hunderte amüsanter Mode- und Theaterzeichnungen sind noch von ihm erhalten. Er schrieb sich ohne e – bei mir hatten Gavarnie und Gavarni bisher immer in zwei verschiednen Schubladen gelegen, so wie ja kein vernünftiger Mensch bei Goethes Faust an eine geballte Hand denkt.

Hippolyte Sulpice Guillaume Chevalier, genannt Paul Gavarni, ist der Freund der Brüder Edmond und Jules de Goncourt. In ihrem „Journal. Erinnerungen aus dem literarischen Leben“ wissen die Brüder viel über Gavarni zu berichten. Sie haben auch eine Biografie „Gavarni. Der Mensch und das Werk“ in zwei Bänden geschrieben.

Hier einige Bilder vom Cirque de Gavarnie (Pyrenäen-Studiosus-Wanderurlaub, 2004):

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Immer am Bücherregal entlang (6)

Donnerstag, April 16th, 2020

„Vorstehendes sind Auszüge aus einem seltsamen Buche …, das Du Dir unbedingt verschaffen mußt“, schrieb Goethe am 8. März 1818 an Zelter.

Goethe meint Stendhals Italienreisebericht „Rom, Neapel und Florenz“. Darin schreibt Stendhal auch über seine Erlebnisse in Mailand. In Mailand verbrachten Gabi und ich einige Tage zum Jahreswechsel 2019/2020, hier unsere Notizen in den „Neuen Kunstspaziergängen“. Damals wussten wir noch nicht, dass es unsere letzte Auslandsreise für längere Zeit werden sollte.

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In ganz Europa ist Mailand die Stadt mit den bequemsten Straßen und den schönsten Innenhöfen.

M071 Via Boschetti

Die Architektur scheint mir in Italien lebendiger als die Malerei oder die Bildhauerei. Mag ein Mailänder Bankier auch fünfzig Jahre seines Lebens eizig sein – schließlich wird er sich doch ein Haus bauen, dessen Fassade hunderttausend Francs mehr kostet als eine einfache Mauer. Der heimliche Ehrgeiz eines jeden Mailänder Bürgers ist es, ein Haus zu bauen oder zumindest die Fassade des vom Vater ererbten Hauses zu erneuern.

M170

Mein Entschluss war gefaßt: ich sehe mir berühmte Denkmäler unbedingt ganz allein an. Mögen sich die ciceroni aller Klassen ihr Geschwätz für den abgestumpften Geschmack der deutschen Reisenden aufheben.

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Im Jahre 1179 begannen die Mailänder einen schiffbaren Kanal zu bauen, der auf der einen Seite bis zum Ticino und auf der anderen bis zur Adda reicht und so ihre Stadt mit dem Lago Maggiore und dem Comer See verbindet. Der Kanal zieht sich durch die Stadt wie in Paris der Boulevard von der Bastille zur Madeleine.

Immer am Bücherregal entlang (5)

Dienstag, April 14th, 2020

CFCBücher

Stadtguerillero
Carlfriedrich Claus (Stadtguerillero, 1971)

ich suche ja in der Struktur der Landschaft immer wieder nach etwas anderem, wenn ich einmal – wie selten! – draussen bin. Ich schlage sie da gedanklich immer auf, sozusagen; sehne mich nach der Widerspiegelung grosser Weite, gegliederter Rätselschrift der schauernden Existenz, nach der Ferne der Nähe. Und nach der geheimen Spur starker Existenzmeister der Vergangenheit in der Gegenwart. Paracelsus etwa: Aus all diesen Verquickungen, Durchbrüchen, geistigen Ausbrüchen schält sich, hinzukommend, etwas wie ein Grundriss einer künftigen Metropole. Der die dann umentfremdete (jetzt noch stark entfremdete) Landschaft, in der ich aus Zufall und Gewohnheit lebe, als Detail eingegliedert ist. […] Ich nehme eben gerade nicht das „Heimatliche“, „Traute“ in Haus, Strasse, Wald wahr, sondern viel mehr das Unheimliche, Unerlöste, das Ächzen im Gebälk; das Heimatlos-Suchende ist es, dem ich mich verbunden habe; gerade weil und obwohl ich derart „sesshaft“ erscheine, bin ich es nicht. Ich gebrauche mein Milieu, diese Negation zu meinem Wesen, als dialektisch steuerbar zum Prozess meiner Experimente.
(Carlfriedrich Claus, Tagebuchnotiz 3.8.1963)

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Immer am Bücherregal entlang (4)

Montag, April 13th, 2020

Kunst des Spazierens

Der Spaziergang
Albrecht Dürer, Der Spaziergang

„Sie gehen wohl immerfort spazieren?“
„Spazieren! Da legen ie so einen verächtlichen Ton hinein! Als wenn es etwas Schöneres gäbe! – Es liegt so was wirklich Planloses in dem Wort!“
(Arthur Schnitzler in Anatol)

Spaziergangsliteratur

Plötzlicher Halt (Robert Walser)
Peripateticism in Robert Walser
Der Spaziergang (Hölderlin)
I am just walking (Matt Green in New York)
Wenn Spaziergänge zum Kunstwerk werden …
Promenierend kapieren

Immer am Bücherregal entlang (2)

Donnerstag, April 9th, 2020

Museo Vostell Malpartida

Dort steht der Katalog vom Museo Vostell in Malpartida.

Museo Vostell

Im September 2007 waren wir mit dem Förderverein der Berlinischen Galerie in Malpartida, schöne Erinnerungen.

MIG kaputt - Störche bleiben

Hof

Pianounfall

Leonardo

Voaex

Kunstspaziergänge durch die Wohnung (10)

Donnerstag, April 9th, 2020

Betonbild
Betonbild (GB, 2018)

Trümmerbild
Trümmerbild (GB, 2018)

Kunstspaziergänge durch die Wohnung (9)

Montag, April 6th, 2020

Puzzle
Puzzle (Gabriele Born, Papierkeramik 2020)

Puzzle
Gabriele Born

SaS 06
Andreas Freyer (in der Galerie Alte Schule, Adlershof, 2017)

Eine von "Drei Figuren"
Andreas Freyer (in Wittenberg, 2016)

Immer am Bücherregal entlang (1)

Samstag, April 4th, 2020

Der Schrei

Ich hatte ein paar Tage in Oslo verbracht und war an einem regnerischen Tag vom Bahnhof über einige arabisch anmutende Straßenzüge mit Dutzenden Frisörsalons und Läden von Zuckerbäckern, die ihre Süßigkeiten zu kleinen Moscheen auftürmten, zum Munch-Museum gegangen. …
In [einem] Ausstellungsraum hing unter dem Gemälde, das Munch vom mürrischen Henrik Ibsen gemalt hatte, das Porträt eines Mannes mit ungesunder bleicher Gesichtsfarbe, farblosen braunen Haaren, einem ebensolchen Vollbart, verschreckt aufgerissenen Augen und einer an der Unterlippe klebenden Zigarette …, und aus dem Titel erfuhr ich zu meiner Überraschung, dass es sich um den polnischen Schriftsteller Stanislaw Przybyszewski handelte.
(Karl-Markus Gauß, Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer, Zsolnay, 2019)

Kunstspaziergänge durch die Wohnung (8)

Freitag, April 3rd, 2020

Eine (kleine) Auswahl von Gabis Filzobjekten

Sammlung

Kunstarbeiter

Summer of love 09

Biomorphes Filzobjekt

Kunstspaziergänge durch die Wohnung (7)

Donnerstag, April 2nd, 2020

Keramikarbeit
Keramikarbeit (Gabriele Born, 2001)

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